Flüsse und ihre Ökosysteme werden durch ein komplexes Zusammenspiel natürlicher Prozesse und menschlicher Einflüsse geprägt. Viele Belastungsfaktoren für Ökosysteme hängen eng mit hydrologischen Prozessen und Extremen zusammen, doch ihre Wechselwirkungen sind insbesondere im großen Maßstab bislang nur unzureichend erforscht. In unserem Projekt untersuchen wir, wie verschiedene Umweltstressoren – wie Trockenheit, Wassertemperatur, Salzgehalt und biochemischer Sauerstoffbedarf (BSB) – zusammenwirken und Flusssysteme in Mitteleuropa über mehrere Jahrzehnte beeinflussen. Unser Ziel ist es, die langfristige Dynamik von Flussdegradation und -erholung im Kontext des Klimawandels und zunehmender menschlicher Nutzung besser zu verstehen.
Ein zentraler Schwerpunkt unserer Forschung liegt auf der Wechselwirkung zwischen Oberflächenwasser und Grundwasser. Insbesondere in Trockenzeiten sorgt das Grundwasser für den Basisabfluss und sichert so den ökologisch notwendigen Wasserstand in den Flüssen. Die Wechselwirkungen zwischen Oberflächen- und Grundwasser sind in Dürreperioden von zentraler Bedeutung, hängen jedoch stark von den jeweiligen lokalen Gegebenheiten ab und und variieren zeitlich und räumlich. Um diese Dynamik besser abzubilden und die Simulation von Niedrigwasser- und Austrocknungsereignissen zu verbessern, integrieren wir das gradientenbasierte Grundwassermodell G³M in das WaterGAP3-Framework. Das Framework berücksichtigt menschliche Einflüsse wie Wasserentnahme, Stauhaltung und Schadstoffeinträge, die sowohl die Menge als auch die Qualität der Wasserressourcen beeinflussen. Zusätzlich nutzen wir das WorldQual-Modell, um Wasserqualitätsparameter wie Wassertemperatur, Salzgehalt und BSB zu simulieren. Alle Modelle arbeiten mit einer räumlichen Auflösung von 5x5 Bogenminuten (entspricht etwa 9x9 km am Äquator).
Durch diese Modellintegration können wir Niedrigwasserbedingungen, Austrocknungsereignisse und deren Auswirkungen auf die Wasserqualität in Mitteleuropa für die vergangenen 70 Jahre simulieren. Das gekoppelte Modell wird anhand frei verfügbarer Messdaten zu Abfluss und Grundwasserständen getestet und validiert. Unsere großräumigen Ergebnisse zur Grundwasserneubildung und zum Basisabfluss vergleichen wir zudem mit den Resultaten des physikalisch basierten SWA+Modells für das Einzugsgebiet der Kinzig und prüfen, inwieweit sich das Modell weiter verbessern lässt. Die Ergebnisse von A24 sind wichtig, um ökologische Erkenntnisse auf größere Maßstäbe zu übertragen und das Verständnis für den zeitlichen Verlauf und die Dauer von Phasen der Flussdegradation und -erholung zu vertiefen.